THEORIETheoretische Aspekte

Hier findest du wichtige Anschauungen und Gedankensysteme, die für die kreative Arbeit im Farbwinkel wegweisend sind.

Ambiguitäts-
toleranz


Kunsttherapie kann nach einem eklektischen Ansatz stattfinden indem die verschiedensten Theorien (psychoanalytisch, gestalttherapeutisch, entwicklungspsychologisch, analytisch-psychologisch nach C.G. Jung, existenzialistisch, gruppentherapeutisch, verhaltenstherapeutisch ...) genutzt werden und einen individuellen Spielraum eröffnen. Der tragende Gedanke ist hierbei das Künstlerische selbst. Denn „die therapeutische Bemühung ist ein kreatives Unternehmen“ (Harriet Wadeson, in Richtungen und Ansätze der Kunsttherapie, Theorie und Praxis, Karlsruhe 2010). Sie trägt immer die Handschrift der Persönlichkeit und der Lebenserfahrung des Therapierenden und findet grundsätzlich im Rahmen der therapeutischen Beziehung statt. So gestattet ein eklektisches Vorgehen ein „Sich-Offenhalten“ für die Vielschichtigkeit menschlicher Existenz und eine Tolleranz für Mehrdeutigkeit.
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Denken mit den Sinnen

Gestalt- therapeutische Gedanken


Ein grundlegender Gedanke der Gestalttherapie ist die Annahme, dass das „Individuum seine Lebensprobleme mit Erfolg selbst angehen kann“ (Janie Rhyne, in Richtungen und Ansätze der Kunsttherapie, Theorie und Praxis, Karlsruhe 2010). Der Therpeut ist hierbei nur authentischer Begleiter - der Klient macht seine eigenen Interpretationen. Das „Denken mit den Sinnen“ kann Teil des therapeutischen Prozesses sein. Basierend auf der Annahme, dass physische und psychische Phänomene isomorph (Rudolf Arnheim) sind, lassen sich beispielsweise Ähnlichkeiten zwischen Bildstrukturen und Verhaltensmustern des Klienten erkennen und damit einsetzen in einem Veränderungsprozess. Ziel ist es, dass der Klient seine eigenen Ressourcen und Wünsche erspürt und dazu nutzt, zu Lebensfreude und Entfaltung zu gelangen.


Bewusstseins- zustand


Der gestalterische Prozess liefert jedoch nicht nur eine „Expression“, also eine Äußerung oder Mitteilung des Klienten, sondern er bringt auch eine „alternative Bewusstseinshaltung mit sich, wie wir sie z.B. bei tiefer Entspannung, bei Meditation, in der Hypnotherapie oder bei Imaginationen erleben.“ ( Klaus W.Vopel, Kunst Therapie für die Gruppe, Salzhausen 2018). Ähnlich wie bei Träumen oder Tagträumen entsteht ein veränderter Bewusstseinszustand. In diesem Zustand des „Flow“ oder „Focusing“ kann ein Teil der Alltagskontrolle aufgegeben werden und der Schaffende vergisst seine Umgebung und die Zeit. Nun kann er leichter intuitiven Anregungen folgen und erschafft sich einen Freiraum.
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Materialien

Die bildende Kunst liefert unterschiedlichste Ausdrucksformen und Materialien. Als expressive Möglichkeiten werden in der Bildgestaltung Medien wie Farbe, Kreide, Naturmaterialien, Fotografien etc. eingesetzt. Auch eine plastische Gestaltung mit Ton oder Speckstein oder das Arbeiten mit Textilien bietet vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten.


Ganzheitlichkeit


Die hier genannten kunsttherapeutischen Übungen unterstützen ein ganzheitliches Erleben, sie sind wahrnehmungsfördernd und sprechen sowohl die Psyche als auch den Körper an. Die Integration seelischer wie auch körperlicher Aspekte wird gestärkt. In der Entspannungsübung intensiviert sich das emotionale Erleben. Die anschließende Aktion des Malens macht motorische Fertigkeiten erforderlich - eine integrierte Körperaktivierung erfolgt. Jetzt erlebt sich der Schaffende wieder im Hier und Jetzt. Er produziert ein materielles Ergebnis, einen fixierten, sichtbaren Zustand (Bild) - der wiederum angeschaut, reflektiert, geteilt werden kann.
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Entspannungsverfahren/ Imaginationsübungen

In der Kunsttherapie lassen sich mit Hilfe von Entspannungsverfahren, wie z.B. geleiteten Imaginationen oder Visualisierungen milde meditative Trancezustände evozieren. Diese sind wiederum Ausgangspunkt für einen kreativen, themengeleiteten Prozess bzw. für eine kunsttherapeutische Übung/Experiment. Für eine kurze Zeit verzichtet der Künstler hierbei auf eine Fremd- oder Selbstbeurteilung. In diesem Schutzraum wird es leichter sich auszudrücken, Selbsterkenntnisse zu gewinnen, überkommene Verhaltensmuster aufzugeben und Veränderungen im Leben zu veranlassen. Die ganzheitliche Erfahrung von tiefer Entspannung, Ruhe und Offenheit führt zur Aktivierung vorhandener Ressourcen und zur Ermittlung von Kraftquellen.


Kunsttherapeutische Gruppe


Das Gruppensetting wirkt auf viele Interessierte motivierend. Es macht Spaß gemeinsam kreativ zu sein und regt Solidarität an. Kontakte können geknüpft werden, kulturelle Teilhabe erfolgt. In einem vertrauten Kreis entsteht eine kollektive Sicherheit. Themenorientierte Gruppen unterstützen z.B. den Umgang mit Gefühlen wie Isolation oder Erschöpfung. Beides kann besonders in herausfordernden Lebensumständen, Umbruchphasen oder Krisen auftreten. Im Gruppensetting findet eine soziale Förderung statt, Aspekte der Stress- und Konfliktbewältigung können behandelt werden und Empowerment, oder Selbsthilfe kann angebahnt werden.
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Wohltuender Ausgleich - Prävention

Im Bereich des Stresserlebens und der Work-Life-Balance wirken kreativtherapeutische, entspannungsfördernde Verfahren ausgleichend und stabilisierend. Sie beinhalten Aspekte der Psychohygiene und können als Burn-out Prävention gewertet werden. Insgesamt stellen kunsttherapeutische bzw. Achtsamkeitsfördernde und kreative Methoden einen Beitrag zur Erhaltung und Förderung der seelischen Gesundheit dar.


Autogenes Training


Als Entspannungsverfahren kommt unter anderem autogenes Training zum Einsatz und stellt eine bewährte Form der „Entschleunigung“ dar. Als präventivmedizinische Behandlungsweise findet es Beachtung und wird überdies in der Psychosomatik eingesetzt. Die Arbeit mit persönlichen Leitsätzen und formelhaften Vorsatzbildungen (Affirmationen) weist immer wieder erstaunliche Erfolge auf. ( vgl. Prof. I. H. Schultz, unter Mitarbeit von Dr. Siegfried Stephan, Autogenes Training - Das Original-Übungsheft, 25. Auflage, Stuttgart 2010)
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Kreativtherapien

Mit Hilfe von Bildern können seelische, oft unbewusste Inhalte wahrgenommen, transportiert, verstanden und modifiziert werden.
Seit jeher ist der künstlerische Ausdruck ein Grundbedürfnis des Menschen und erfüllt die verschiedensten Funktionen für den Einzelnen, wie für die Gruppe. Dies machen sich Kreativtherapien zu nutze. Vielfältige Ansätze bestehen.
Prägend für alle Richtungen ist die Annahme, dass im kreativen Prozess Kräfte freigesetzt werden können, die förderlich sind für den Schaffenden. So können z.B. Heilungsprozesse angeregt werden, seelische Blockaden sich lösen oder neue Einsichten gewonnen werden.
Gegenüber den Verfahren der Gesprächspsychotherapie werden in der Kunsttherapie nicht Worte sondern Bilder zu Vermittlern und Trägern von Gefühlen und Bewusstseinsinhalten. Dies kann für den Patienten eine größere Autonomie gegenüber dem Therapeuten beinhalten. (vgl. Lehrbuch der Kunsttherapie, Regula Rickert, Ahlerstedt 2015)